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Plenarrede vom 27.09.2024

Die Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel bei einer Plenarrede am 27.09.2024.

Die Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel bei einer Plenarrede am 27.09.2024.

Gülistan Yüksel (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

„Als ich Richtung Ausgang des Flughafens ging, war ich verzweifelt. Ich wusste nicht: Was passiert? Was wird aus mir und meiner Familie? Wie kann ich die Sicherheit meiner Familie garantieren? Es ist eine furchtbare Situation, wenn man denkt, dass man ständig in Angst leben muss.“

Dieses Zitat stammt von einer afghanischen Ortskraft; denn im Untersuchungsausschuss befragen wir nicht nur Staatsbedienstete. Zur Aufklärung gehören auch die Ortskräfte. Sie haben uns von den dramatischen Szenen am Flughafen berichtet, den missverständlichen Namenslisten, den fälschlichen Anweisungen, von der Angst, mit ihren Familien, ihren Kindern zurückgelassen zu werden, in einem Land leben zu müssen, das unter Talibankontrolle steht. Ich denke, ich spreche für den Großteil unseres Ausschusses, wenn ich sage, dass uns ihre Berichte tief bewegt haben. Auch ihnen gilt für ihren Einsatz unser Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Ortskräfte haben uns vor Ort vertrauensvoll und elementar unterstützt: als Dolmetscher, Fahrer, Sicherheitskräfte oder in administrativen Positionen. Menschen, ohne die unser Einsatz nicht möglich gewesen wäre, denen wir vertraut haben und die uns vertraut haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hätten diesen Ortskräften früher helfen können. Der bürokratische Prozess von Gefährdungsanzeigen, Aufnahmezusagen und Visabeschaffung war schwerfällig, kompliziert und zu oft undurchsichtig.

Die Einzelprüfungen zogen sich hin. Durch Schließung der Visastelle in Kabul mussten Ortskräfte zu den Botschaften in Islamabad oder Neu-Delhi reisen, wofür sie zusätzlich ein Visum brauchten. Die Verfahren waren nicht nur umständlich, sondern oftmals auch gefährlich für die Betroffenen. Dabei wäre es rechtlich möglich gewesen, flexibler zu sein. So aber hat es zu lange gedauert, bis es endlich beschleunigte und humanere Verfahren sowie wichtige Notfallpläne gab. Hier müssen wir uns insbesondere die Rolle des Innenministeriums genauer anschauen. Es ist deshalb gut, dass wir hierzu die Staatssekretäre und den ehemaligen Bundesminister Seehofer noch befragen können.

(Thomas Röwekamp (CDU/CSU): Wir hören auch noch Herrn Maas!)

Wir sind unserer Fürsorgepflicht gegenüber den Ortskräften nicht nachgekommen, und das gilt es gemeinsam aufzuarbeiten.

Deutschland hat eine Verantwortung gerade denjenigen gegenüber, die für uns und mit uns gearbeitet und sich auf unseren Schutz verlassen haben. Oft scheinen die Ortskräfte nur Zahlen auf dem Papier zu sein, aber hinter jeder Zahl steht ein Mensch. Das dürfen wir nie vergessen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)