Erste Sitzung der „Fohlen des Bundestages“ in der neuen Legislaturperiode
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„Ich krieg Dich – Kinder in bewaffneten Konflikten“ – Yüksel und Krings bei Podiumsdiskussion im Gymnasium am Geroweiher
19. Februar 2018

Zweite Rede im 19. Deutschen Bundestag zum FDP-Antrag: „Kinderwünsche unabhängig vom Wohnort fördern“

In meiner zweiten Rede im 19. Deutschen Bundestag forderte ich, dass Kinderwünsche unabhängig vom Wohnort gefördert werden sollten. Die moderne Medizin kann es ermöglichen, Menschen ihren Kinderwunsch zu erfüllen und ich sehe es als unsere Aufgabe, sie hierbei zu unterstützen. Nicht nur, weil wir die Menschen in der Ausnahmesituation eines unerfüllten Kinderwunsches nicht alleine lassen dürfen. Sondern auch, weil wir eine kinderfreundliche Gesellschaft sein wollen, die den Wunsch nach Kindern unterstützt.

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Besuchertribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Mit Kindern zusammen zu sein ist Balsam für die Seele“, sagte schon Dostojewski. Für viele Menschen sind Kinder Teil eines erfüllten Lebens, wenn nicht sogar der Lebenswunsch schlechthin. Doch fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist ungewollt kinderlos. Diese Paare versuchen mitunter viele Jahre vergebens, ein Kind zu bekommen, was vor allem auch eine seelische Belastung ist. Die moderne Medizin kann es ermöglichen, Menschen ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Ich sehe es als unsere Aufgabe, sie hierbei zu unterstützen, nicht nur weil wir die Menschen in dieser Ausnahmesituation nicht alleinlassen dürfen, sondern auch weil wir eine kinderfreundliche Gesellschaft sein wollen, die den Wunsch nach Kindern unterstützt. Neben Beratungsangeboten und psychologischer Hilfe ist also insbesondere eine finanzielle Förderung wichtig; denn die Kosten der notwendigen medizinischen Behandlungen können schnell die Kosten eines Kleinwagens erreichen. Der Antrag erläutert zu Recht, dass eine Unterstützung nicht vom Trauschein abhängen darf. Als SPD vertreten wir den Standpunkt, dass Familie da ist, wo Menschen bereit sind, füreinander einzustehen und dauerhaft Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb hat die ehemalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig bereits zum Januar 2016 die entsprechende Bundesförderrichtlinie geändert. Seitdem werden nicht nur verheiratete Paare bei ihrem Kinderwunsch unterstützt, sondern auch Paare, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben – eine richtige und wichtige Entscheidung, die Manuela Schwesig in der letzten Legislatur getroffen hat.

(Beifall bei der SPD)

Diesem Schritt des Familienministeriums sollte das Gesundheitsministerium mit einer Änderung im SGB V folgen; denn eine Förderung für nichteheliche Paare sollte es auch bei der Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkassen geben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das darf nicht an einen Trauschein gebunden sein. Hierzu sind wir in der letzten Legislaturperiode mit unserem Koalitionspartner leider nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Ich hoffe, dass es in der jetzigen besser wird. Gleichzeitig bin ich dafür, dass die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten der künstlichen Befruchtung wieder ganz übernimmt. Auch wenn die medizinische Behandlung keine Garantie dafür ist, dass der Kinderwunsch erfüllt werden kann, sollte die Möglichkeit nicht vom Geldbeutel abhängen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Unabhängig von der Art der Förderung sollte zudem generell über eine Öffnung für weitere Formen des Zusammenlebens diskutiert werden. Hier erwarte ich von der zukünftigen Bundesregierung entschlossenes Handeln. Dass eine Förderung vom Wohnort unabhängig sein muss, ist ein berechtigtes Ansinnen, das wir teilen. Für die Erfüllung des Kinderwunsches sollte es keine Rolle spielen, ob man in Bayern, in NRW oder hier in Berlin lebt. Eine bundeseinheitliche Regelung ist daher wünschenswert. Trotzdem sollten wir die Länder nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle an jene Länder appellieren, die bisher keine der Bundesförderrichtlinie entsprechende Regelung haben und damit eine staatliche Förderung in ihrem Bundesland verhindern. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, wie die Ausweitung der Förderung finanziert werden soll, wird in Ihrem Antrag leider nur unzureichend erläutert. Dort heißt es, dass „die Mehrausgaben durch Umschichtung oder Einsparungen innerhalb des Einzelplans 17“ – also des Haushaltsplans des Familienministeriums – „in Deckung zu bringen“ sind. Das ist nicht nur recht vage, sondern aus unserer Sicht auch nicht in Ordnung. Es darf keine Familienpolitik auf Kosten der Familienpolitik geben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie die Kinderwunschförderung durch Umschichtung oder Einsparungen finanzieren wollen, nehmen Sie zwangsweise an einer anderen Stelle im Haushalt etwas weg. Und wo wollen Sie das machen? Bei den Frühen Hilfen? Bei den Mehrgenerationenhäusern? Bei den Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie? Bei den Freiwilligendiensten? Das können Sie ja nicht ernsthaft wollen. So einem Vorgehen werden wir nicht zustimmen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Sie suchen jetzt nach einem Vorwand, um es ablehnen! Ein reiner Vorwand!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt in unser aller Interesse, in einer kinderfreundlichen und kinderreichen Gesellschaft zu leben. Bei aller Diskussion um unerfüllte Kinderwünsche müssen wir auch ermöglichen, dass der Wunsch nach Kindern überhaupt entstehen kann. Dafür gilt es entsprechende Rahmenbedingungen schaffen: So brauchen wir eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Möglichkeit einer partnerschaftlichen Aufgabenverteilung, gute und flexible Betreuungsangebote, aber auch weniger prekäre Arbeit und dafür sichere Arbeitsplätze auch für jüngere Jahrgänge.

(Daniel Föst [FDP]: Hat doch mit dem Thema gar nichts zu tun!)

Immer mehr junge Menschen verschieben ja die Familienplanung aus unterschiedlichen Gründen auf einen späteren Zeitpunkt, weil sie das Gefühl haben, sich Kinder jetzt noch nicht „leisten“ zu können. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kinderwunsch dann aus biologischen Gründen unerfüllt bleibt, vergrößert sich dadurch leider. Wir brauchen deshalb eine familienfreundlichere Gesellschaft und vor allem eine familienfreundlichere Arbeitswelt, damit auch junge Frauen und Männer sich für Kinder entscheiden.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rudolf Henke [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag bietet jedoch eine gute Grundlage für weitere Beratungen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Immerhin!)

Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss und würde es begrüßen, wenn wir hier überparteilich Lösungen finden würden, um die Menschen bundesweit bei ihrem Wunsch nach Kindern zu unterstützen. Gerade wir als Familienpolitikerinnen und -politiker dürfen die Menschen, die ungewollt kinderlos sind, nicht alleinlassen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)