Blick aus Berlin Februar 2016
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Politischer Bericht 15. März 2016

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Die SPD hat, wie alle im Bundestag vertretenen Parteien, bei den Landtagswahlen ein ambivalentes Ergebnis erzielt. In Rheinland-Pfalz ist sie aus der Wahl als die mit Abstand stärkste Kraft hervorgegangen. Wir gratulieren Malu Dreyer und der rheinland-pfälzischen SPD zu diesem tollen Wahlerfolg! Ihre Integrität, Glaubwürdigkeit und politische Gradlinigkeit wurden von den Wählerinnen und Wählern honoriert. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt hingegen mussten wir, trotz guter Arbeit in den Landesregierungen, hohe Verluste hinnehmen. In Sachsen-Anhalt hatte die SPD unter der dortigen Fokussierung der öffentlichen Debatte auf die Flüchtlingsproblematik zu leiden. In Baden-Württemberg stand unser Landesverband im Schatten des Duells der Spitzenkandidaten von CDU und Grünen.

Das aus dem Stand gute Abschneiden der AfD ist Anlass zur Sorge. Der AfD ist es offenbar gelungen, den Unmut derjenigen Wählerinnen und Wähler zu artikulieren, die dem politischen Establishment misstrauen und den Eindruck haben, die Politik habe in der Flüchtlingspolitik die Kontrolle verloren. Auch wenn diese Form des Protests nur schwer erträglich ist, in einer Demokratie ist er legitim. Der Wahlabend hat eines aber ebenfalls deutlich gemacht: Deutschland ist weiterhin ein weltoffenes und modernes Land. Der weit überwiegende Teil der Wählerinnen und Wähler hat sich nicht von den platten Vereinfachungen der AfD angesprochen gefühlt. Klar ist aber auch: Ohne eine Lösung in der Flüchtlingskrise werden Rechtspopulisten auch künftig Zulauf haben. Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung sich weiter entschlossen für eine gemeinsame europäische Verständigung einsetzt, um die Flüchtlingszahlen auf ein für unser Land tragbares Maß zu verringern

Sozialen Zusammenhalt sichern – demokratische Mitte stärken

Die Wahlergebnisse spiegeln nicht nur Ängste aufgrund der Zuwanderung vieler Flüchtlinge wider. Vielmehr manifestiert sich im Zulauf zur AfD eine tiefergehende und schon vor der Flüchtlingskrise wahrnehmbare Verunsicherung, die unsere Ge-sellschaft spaltet. Ein Riss, der auf Dauer das Fundament unserer Demokratie zer-stören kann. Ich bin überzeugt: Um diese Spaltung zu überwinden, brauchen wir einen starken und handlungsfähigen Staat. Einen Staat, der für sozialen Aufstieg, öffentliche Sicherheit und gleiche Lebenschancen für alle in unserem Land sorgt. Das schaffen wir nur, wenn wir jetzt richtig investieren. In Kitas, Schulen, bezahlbaren Wohnraum, Arbeitsförderung und auch in mehr Stellen für die Polizei. Dafür werden wir uns in den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2017 mit Nachdruck einsetzen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die, die schon hier leben, gegen die ausgespielt werden, die neu in unser Land kommen. Die finanziellen Kosten für die Integration dürfen daher nicht zum Vorwand genommen werden, um bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte sozialpolitische Vorhaben auf die lange Bank zu schieben. Dazu gehören die Solidarrente für Kleinverdiener und das Teilhaberecht für Menschen mit Be-hinderungen. Da müssen wir Wort halten! Gleiches gilt für die Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und Leiharbeit sowie für die Reform der Erbschaftssteuer. Beides sind wichtige Vorhaben, um zu verhindern, dass die Lebensumstände in unserer Gesellschaft weiter auseinander klaffen. Deshalb darf die Union diese Vorhaben nicht länger blockieren.

Fortschritte auf dem Weg zu einer europäischen Lösung

In dieser Woche müssen die europäischen Staats- und Regierungschefs nun das Fundament für einen tragfähigen Kompromiss in der Flüchtlingskrise legen. Der EU-Türkei-Gipfel hat die Hoffnung genährt, dass der Wille bei den europäischen Regierungen vorhanden ist, gemeinsam eine europäische Lösung zu erarbeiten. Eine Verständigung der Mitgliedstaaten muss notwendigerweise auch die Solidarität mit Griechenland umfassen. Denn die schlimmen Zustände im griechischen Flüchtlingslager Idomeni zeigen: Nationale Alleingänge sind kein Ausweg. Das Prinzip „Jeder ist sich selbst der Nächste“ spaltet die Europäische Union, die notwendiger denn je an einem Strang ziehen muss.

Um die Flüchtlingsbewegung nach Europa besser zu kontrollieren und das menschenverachtende Geschäft der Schlepper in der Ägäis zu unterbinden, sind wir auf die Zusammenarbeit mit der Türkei angewiesen. Dabei gilt es anzuerkennen, dass in der Türkei bereits heute Millionen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak eine sichere Zuflucht finden. Wenn die Türkei nun bereit ist, bestehende Rückführungsabkommen in vollem Umfang anzuwenden und Flüchtlinge wieder aufnimmt, die über die Türkei nach Griechenland eingereist sind, dann muss sich die EU im Gegenzug zur Aufnahme von Kontingenten syrischer Flüchtlinge verpflichten. Die SPD setzt sich bereits seit Monaten für solche Kontingente ein. Denn wir wollen, dass Europa seine humanitäre Verantwortung erfüllt und Menschen nicht länger ihr Leben auf gefährlichen Fluchtrouten riskieren und hilflos Schleppern ausgeliefert sind.

Trotz der notwendigen Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage ist eines klar: Es gibt keinen Rabatt auf Menschenrechte, auch nicht für die Türkei. Daher sollten im Rahmen von Beitrittsverhandlungen nun rasch die Kapitel zu Meinungsfreiheit und Rechtsstaat eröffnet werden. Denn dies bietet eine echte Chance, die Menschenrechtslage in der Türkei ganz real zu verbessern.